Jafar Panahi dreht diesmal einen Film über ein Liebespaar, das mit gefälschten Pässen nach Frankreich flüchten will – in der Türkei. Doch wie schafft das der iranische Regisseur, der ein Arbeitsverbot hat und das Land nicht...
Jafar Panahi dreht diesmal einen Film über ein Liebespaar, das mit gefälschten Pässen nach Frankreich flüchten will – in der Türkei. Doch wie schafft das der iranische Regisseur, der ein Arbeitsverbot hat und das Land nicht verlassen darf? Panahi hat sich in eine Provinz nahe der iranisch-türkischen Grenze zurückgezogen und gibt seinem Regieassistenten über eine höchst instabile Internetverbindung Anweisungen. Nachts treffen sie sich heimlich zur Übergabe der Festplatte mit dem neusten Drehmaterial. Aber Panahis Filme sind stets mehrdimensional. Wie schon zuvor verwebt er auch hier geschickt Fiktion und Wirklichkeit, denn auch das ländliche Dorf ist Schauplatz einer fiktiven Geschichte – über einen Regisseur, der den staatlichen Repressionen zum Trotz versucht, seine Arbeit als Filmemacher fortzusetzen. Obwohl er sich unauffällig verhält, um nicht identifiziert und den Behörden gemeldet zu werden, gerät er wegen eines vermeintlich geschossenen Fotos in Schwierigkeiten. Er soll ein Liebespaar abgelichtet haben, aber der junge Mann war nicht der Verlobte, dem das Mädchen versprochen ist. Schon bald steht das ganze Dorf Kopf.
Auch in «No Bears» sind Panahis autobiografische Erfahrungen und die Entstehungsbedingungen seines Werks ein zentrales Motiv. Er hat damit einen eindrucksvollen, wenn auch für ihn gefährlichen Weg gefunden, für die Freiheit des Kunstschaffens im Iran zu kämpfen. Darüber hinaus ist «No Bears» eine vielschichtige Parabel über den beklemmenden Stillstand einer Gesellschaft und die panische Ablehnung von Veränderung: in der Stadt unter dem Druck der Autoritäten, im Dorf in der Befangenheit des Aberglaubens. Wie macht man Kunst, um die Gesellschaft zum Wandel zu bewegen, wenn diese es nicht will? Zu dieser Frage kehrt «No Bears» immer wieder zurück und verzweifelt dabei leise an der Welt. Der Film gewann an den Filmfestspielen von Venedig den Spezialpreis der Jury, Jafar Panahi selbst wurde im Juli erneut inhaftiert und vor Kurzem auf Kaution wieder freigelassen.
Filmfestspiele Venedig
Spezialpreis der Jury